Sortiert Ihr Euren Müll richtig?

Kritik vom Entsorger: Biomüll wird immer öfter falsch sortiert

HNA von 1./2. Mai 2019

Gelbe Karte als Verwarnung: Christian Lux, Mitarbeiter des Müllabhol-Zweckverbandes Rotenburg (MZV), mit einem Hinweiszettel für falsch befüllte Biotonnen, hier auf dem MZV-Gelände in Bebra.
Gelbe Karte als Verwarnung: Christian Lux, Mitarbeiter des Müllabhol-Zweckverbandes Rotenburg (MZV), mit einem Hinweiszettel für falsch befüllte Biotonnen, hier auf dem MZV-Gelände in Bebra.© Sebastian Schaffner

In den Biotonnen im Landkreis Hersfeld-Rotenburg landet zunehmend Müll, der dort nicht hineingehört. Die Müllverbände warnen vor höheren Kosten.

Die jährliche Menge der falsch eingeworfenen Abfälle beläuft sich allein im Zuständigkeitsbereich des Abfallwirtschafts-Zweckverbands (AZV) auf mittlerweile rund 400 Tonnen. Das entspricht dem Gewicht von 35 Linienbussen.

Die Fehlbefüllungen, vor allem Plastikmüll, stellt den AZV, der für den Müll von 17 Kommunen im Kreis zuständig ist, vor immer größere Probleme. Auch beim Müllabhol-Zweckverband Rotenburg (MZV), der sich um den Abfall in Bebra, Rotenburg und Ronshausen kümmert, ist das Problem omnipräsent. Jetzt droht auch noch Ärger mit der Entsorgerfirma Kommunalservice Hans Vornkahl GmbH aus Herbsleben (Thüringen), die den eingesammelten Biomüll sowohl von der Deponie in Ludwigsau, als auch auf dem MZV-Gelände in Bebra abholt.

„Wenn wir weiterhin so viele Fremdstoffe im Bioabfall haben, könnte der Entsorger im schlimmsten Fall unseren Vertrag kündigen“, warnt AZV-Geschäftsführer Jörg Goßmann. In dem Vertrag mit Vornkahl ist der Anteil der sogenannten Störfälle im Bioabfall festgeschrieben. Demnach dürfen maximal zwei Prozent aus Fremdstoffen bestehen. „Da liegen wir mit bis zu fünf Prozent momentan weit drüber“, räumt Goßmann ein. Hans Vornkahl, Geschäftsführer der Entsorgungsfirma, sagt auf Anfrage unserer Zeitung, dass bei Proben des aus dem Kreis Hersfeld-Rotenburg abgeholten Biomülls zuletzt ein erhöhter Störstoffanteil aufgefallen sei: „Teilweise hatte der Abfall eine so schlechte Qualität, dass wir daraus keinen Kompost mehr machen konnten.“ In solchen Fällen müsste die Firma den Abfall kostenpflichtig als Sondermüll entsorgen lassen. „Irgendwann kommen wir an einen Punkt“, sagt er, „an dem wir diesen Bioabfall nicht mehr annehmen.“

Um das zu vermeiden, kündigt der AZV nun an, verstärkt Haushalte in die Pflicht zu nehmen, deren Mülltonnen falsch befüllt sind. 

Gelbe Karte für Müllsünder

Für Müllsünder wird es künftig unangenehmer: Der Abfallwirtschafts-Zweckverband Landkreis Hersfeld-Rotenburg (AZV) geht nun gezielt gegen Haushalte vor, die ihre Tonnen falsch befüllen. „Wer seine Biotonne falsch befüllt, erhält jetzt sprichwörtlich die gelbe Karte“, sagt AZV-Geschäftsführer Jörg Goßmann. 

Stellen Mitarbeiter des Müllverbandes beim Leeren der braunen Behälter fest, dass sich Plastik oder andere Fremdstoffe im Bioabfall befinden, hinterlassen sie ein gelbes Infoblatt an der Tonne mit dem Hinweis, dass sie falsch befüllt wurde und beim nächsten Mal nicht mehr geleert wird. „Im Wiederholungsfall gibt’s die rote Karte, dann bleibt die Tonne stehen“, sagt Goßmann. Letzlich würde der nicht sauber sortierte Bioabfall als Restmüll abgefahren – das kostet zusätzlich. 

Zudem wird Außendienstmitarbeiter Dieter Claus das persönliche Gespräch vor Ort suchen, falls Mülltonnen mehrfach falsch befüllt werden. Ziel sei es, den Anteil der Störstoffe, also beispielsweise Alufolie im Biomüll, möglichst schnell zu verringern. Hintergrund ist der Vertrag mit der Entsorgungsfirma Kommunalservice Hans Vornkahl GmbH aus Herbsleben (Thüringen), das den Bioabfall aus dem Kreis abnimmt und dann zu Kompost verarbeitet. In dem Vertrag ist der maximale Anteil von Störstoffen auf zwei Prozent festgelegt. Dieser Anteil liegt laut AZV derzeit bei bis zu fünf Prozent. Das entspricht bei jährlich 8000 Gewichtstonnen Bioabfall allein im Bereich des AZV rund 400 000 Kilogramm. „Es muss im Interesse aller Bürger sein, dass wir unseren Vertrag erfüllen“, sagt Goßmann, „sonst wird die Entsorgung künftig teurer, was wir wiederum auf die Bürger umlegen müssten.“ Nachdem Vornkahl den AZV über den zu großen Störstoffanteil informiert hatte, begrüßt der Entsorger nun die Ankündigung, künftig gezielter gegen Fremdstoffe im Bioabfall vorzugehen. „Wir haben den Eindruck, dass sich jetzt was tut“, sagt Geschäftsführer Hans Vornkahl.

Eines der größten Probleme in den Biotonnen, da sind sich Müllverbände und Entsorger einig, sind speziell für die Biotonne entwickelte und kompostierbare Plastikbeutel. „Viele Menschen kaufen diese Beutel in guter Absicht“, sagt Goßmann, „sie haben in der Biotonne aber nichts verloren.“ Bio-Plastikbeutel müssen sich laut Europäischer Norm nach drei Monaten zu 90 Prozent zersetzt haben. So viel Zeit haben die Bakterien im Kompostierwerk aber nicht. Die Rottedauer dort beträgt meist nur wenige Wochen. „Der Entsorger kann mit dem Abfall nichts anfangen und wertet die Beutel, wie ganz normale Plastiktüten, als Störstoff“, sagt Goßmann. 

Der AZV ist für den Müll von rund 29 000 Haushalten in 17 Kreiskommunen zuständig. Lediglich Bebra, Ronshausen und Rotenburg (insgesamt rund 10 000 Haushalte) entsorgen ihren Abfall beim Müllabhol-Zweckverband Rotenburg (MZV) mit Sitz in Bebra. 

Kontrolle seit August

Dort steht das Biomüll-Problem schon länger auf der Tagesordnung. „Wir haben bereits im August damit begonnen, die Tonnen aufgrund der erhöhten Störstoffproblematik zu kontrollieren“, sagt MZV-Geschäftsführer Bernhard Skolik. Damals habe der Müllverband, der Fehlbefüllungen ebenfalls erst per gelber Karte anmahnt und im Wiederholungsfall die Tonne ungeleert lässt, sieben Prozent der Biotonnen wegen Fehlbefüllungen stehengelassen – vor allem in Gegenden mit Mehrfamilienhäusern. „Nachdem wir die Bürger auf unsere Kontrollen aufmerksam gemacht haben, ging der Anteil der Fehlbefüllungen erfreulicherweise signifikant zurück“, sagt Skolik. Im Dezember habe der Anteil bei unter einem Prozent gelegen. „Ein Großteil der Bürger hat für die Kontrollen auch Verständnis“, so Skolik. 

Er kann zwar verstehen, dass der Entsorger aus Thüringen auf die Zwei-Prozent-Vereinbarung pocht. „Ich sehe aber grundsätzlich auch die Entsorger in der Pflicht, ihre Sortierungsanlagen aufzurüsten.“ Es könne nicht sein, dass das Problem mit den Fremdstoffen am Ende einseitig auf die Bürger abgewälzt werde.

Was in die Biotonne gehört und was nicht

Das darf rein: Küchenabfälle (Essensreste, Backwaren, Fleischabfälle, Obst- und Gemüsereste, Kaffeefilter und Teebeutel), Grünabfälle (Gras- und Heckenschnitt, Topfpflanzen, Schnittblumen), Kompostierbare Abfälle (Küchenkrepp, Papierreste, Pappreste, Servietten).

Das darf nicht rein: Plastiktüten und Biokunststoffbeutel, Kleintier- und Katzenstreu, Staubsaugerbeutel, Windeln und Hygieneartikel, Zigarettenkippen, Asche, Kunststoffe, Verbundstoffe und Holz, Bauschutt, Steine, Blumentöpfe.